Mutter-Tochter-Richtlinie: Steuerliche Bedeutung und Anwendung

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Was sich ein wenig nach Familie anhört, bekommt im steuerrechtlichen Sinne eine ganz andere Bedeutung.

Das ist die Mutter Tochter Richtlinie

Bei der Mutter Tochter Richtlinie geht es um die Besteuerung von Zahlungen der Dividende, wenn diese innerhalb von zwei miteinander verbundenen Firmen fließen. Die Richtlinie soll verhindern, dass eine mehrfache Besteuerung der Dividende vorgenommen wird.

Schüttet nun die Tochter (das Tochterunternehmen) Dividende an ihre Mutter aus und sind beide Angehörige eines anderen Mitgliedstaats der EU, so soll die Tochter vom Abzug der Quellensteuer befreit werden. Der Mitgliedstaat, in dem die Mutter ihren Sitz hat, soll diese Ausschüttung freistellen oder die anfallende Körperschaftssteuer der Tochter bei der Mutter anrechnen. Die Richtlinie der Europäischen Union ist in innerstaatliches Recht umgewandelt worden und in § 43 b des Einkommenssteuergesetzes geregelt.

Wichtig: Damit die Mutter Tochter Richtlinie überhaupt angewendet werden kann, muss die Mutter zu mindestens 10 Prozent und vor allem unmittelbar an der Tochtergesellschaft beteiligt sein.

Video: Präsentation meines Berichts zur Mutter Tochter Richtlinie 24-5-2011

Ziele der Mutter Tochter Richtlinie

Zwischen Mutter- und Tochterunternehmen finden laufend Ausschüttungen von Gewinnen statt, die einer Besteuerung unterliegen. Die Mutter Tochter Richtlinie soll dafür sorgen, dass diese Ausschüttungen steuerneutral erfolgen und dass sich aus diesem Vorgang keine Nachteile für weitere Tochterunternehmen im EU-Binnenmarkt ergeben. Benachteiligungen entstehen vor allem durch mögliche Doppelbesteuerungen der Gewinne, die von der Tochterfirma erzielt und sofern diese an die Muttergesellschaft gezahlt werden.

Hier allerdings gibt es inzwischen schon Probleme, denn die eigentlich guten Ansätze der Richtlinie wurden durch einige Gesellschaften untergraben. Sie haben die Qualifikationskonflikte und Bestimmungen der Richtlinie sowie die verschiedenen nationalen Steuervorschriften jedes Mitgliedstaats gegeneinander ausgespielt und verhindern damit eine Besteuerung in jedem Mitgliedstaat. Experten sprechen von der doppelten Nichtbesteuerung.

Wichtig: Nach der Änderung der Mutter Tochter Richtlinie im Jahr 2003 wurden neben den Dividenden auch Lizenzgebühren und Zinsen von der Steuerbefreiung erfasst und gelten nunmehr als steuerlich privilegiert. Mutter Tochter Richtlinie: Nationales Recht gilt
Die Vorgaben der Europäischen Union mussten durch den nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden. Maßgeblich ist nun der § 43 b des Einkommenssteuergesetzes, in dem die Zahlungen von Dividenden geregelt werden.

Es gilt der sogenannte Inboundfall: Zahlt eine inländische Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft innerhalb der EU Dividenden, so ist die Quelle der Zahlungen von der Kapitalertragssteuer zu befreien. Auch der Outboundfall ist bekannt, bei diesem erhält die inländische Muttergesellschaft Dividenden von ihrer Tochtergesellschaft, die im Ausland ansässig ist.

Nach einigen Änderungen wurde die Befreiung von der Kapitalertragssteuer für die Ausschüttung von Dividenden dann auch auf die folgenden Anwendungsfälle ausgedehnt:

  • Es werden Gewinne ausgeschüttet, die einer Betriebsstätte zufließen, die der ausländischen Muttergesellschaft gehört.
  • Es werden Gewinne ausgeschüttet, die einer Betriebsstätte zufließen, die der deutschen Muttergesellschaft gehört.

Hier gilt wie oben bereits erwähnt, dass die Gesellschaften, die als Mütter auftreten, zu mindestens zehn Prozent an ihren Töchter beteiligt sein müssen.

Als Voraussetzung für die Anwendung der Mutter Tochter Richtlinie gilt, dass die Tochtergesellschaft unbeschränkt steuerpflichtig sein muss. Außerdem muss es sich um eine Kapitalgesellschaft handeln. (#01)

Als Voraussetzung für die Anwendung der Mutter Tochter Richtlinie gilt, dass die Tochtergesellschaft unbeschränkt steuerpflichtig sein muss. Außerdem muss es sich um eine Kapitalgesellschaft handeln. (#01)

Mutter Tochter Richtlinie: Eine Frage der Auslegung

Als Voraussetzung für die Anwendung der Mutter Tochter Richtlinie gilt, dass die Tochtergesellschaft unbeschränkt steuerpflichtig sein muss. Außerdem muss es sich um eine Kapitalgesellschaft handeln.

Die Muttergesellschaft im Ausland muss ebenfalls eine Rechtsform aufweisen, die einer der in Anlage 2 der Richtlinie aufgeführten Rechtsformen entspricht. Außerdem muss sie der Körperschaftssteuer unterliegen. Die 10 Prozent Mindestbeteiligung an der Tochtergesellschaft wurden bereits erwähnt. Diese Beteiligung gilt aber nur dann als erfüllt, wenn sie unmittelbar vorliegt, wozu auch Anteile gehören, die über eine Betriebsstätte im Ausland gehalten werden.

Ebenfalls wichtig: Die Beteiligung muss seit mindestens zwölf Monaten bestehen und auch der Fusionsrichtlinie entsprechen.

Zu beachten ist der § 50 d des Einkommenssteuergesetzes. Hier ist von einem Freistellungsantrag die Rede, den die Muttergesellschaft stellen muss.

Das bedeutet die Mutter Tochter Richtlinie für die Gewerbesteuer

Egal, ob ausländische oder inländische Unternehmen: Geht es um Steuern jedweder Art, ist auch die Frage nach der Gewerbesteuer offen. So auch bei der Fusionsrichtlinie sowie der Mutter Tochter Richtlinie. Letztere wird bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage, die für die Gewerbesteuer relevant ist, zugrunde gelegt. Die Gewerbesteuer kann auf Basis von § 9 Nr. 7 des Gewerbesteuergesetzes gekürzt werden, wenn eine ausländische Tochtergesellschaft die Ausschüttung von Gewinnen an ihre Muttergesellschaft vornimmt.

Die Kürzung der Gewerbesteuern erfolgt dann bei der Muttergesellschaft. Diese muss aber mehr als 10 Prozent der Anteile an der Tochtergesellschaft halten, wofür der gesamte Veranlagungszeitraum relevant ist. Außerdem hat die ausländische Tochtergesellschaft ihre Gewinne einzubeziehen, die sie aus aktiven Tätigkeiten zieht.

Video: Anti-Treaty-Shopping“ – Regelung des § 50d Abs. 3 EStG

Einkommenssteuergesetz und § 50 d werden angewendet

Für einige Gesellschaften ist der Abzug der Quellensteuer ausgeschlossen, was in ganzer Höhe oder in limitierter Form sein kann. Der § 50 d besagt, dass der volle Quellensteuerabzug für Kapitaleinkünfte fortgilt, auch wenn dieser eigentlich nach nationalen Normen beschränkt oder ausgeschlossen wäre. Dies gilt auf der sogenannten ersten Stufe.

Im zweiten Schritt erhält der Gläubiger der Gesellschaften eine Erstattung der Quellensteuer, die zu viel einbehalten wurde. Dies geschieht erst nach einer eingehenden verfahrensrechtlichen und materiellen Prüfung der Sachlage.

Hierbei gibt es zwei Ausnahmen:

  1. Der Schuldner der Kapitalerträge kann die richtige Quellensteuer einbehalten, wenn eine Freistellungsbescheinigung vorliegt.
  2. Das Kontrollmeldeverfahren kommt zur Anwendung, dabei handelt es sich um ein vereinfachtes Verfahren zur Freistellung, welches auf bestimmte Fälle beschränkt ist.

Grundsätzlich liegt ein zweistufiges Verfahren vor, bei dem in erster Stufe die §§ 43 ff. und 50 a des Einkommenssteuergesetzes angewendet werden müssen. Hierbei geht es um die Einbehaltung sowie die Abführung der Abzugssteuer, außerdem um deren Anmeldung. In der zweiten Stufe muss zunächst geklärt werden, ob dem Gläubiger der Vergütung eine mögliche Erstattung zusteht.

Freistellungs- und Kontrollmeldeverfahren bei der Mutter Tochter Richtlinie

Im Rahmen der Anwendung der Mutter Tochter Richtlinie sowie der Fusionsrichtlinie müssen die Gesellschaften im jeweiligen Mitgliedstaat die eventuelle Abkehr vom Abzug der Quellensteuer berücksichtigen. Diese Abkehr gilt für den Vergütungsschuldner, wobei für den Vergütungsgläubiger hier keine Verluste an Zinsen oder Liquidität zu befürchten sind. Voraussetzung dafür ist, dass die Einträge zur Freistellungsbescheinigung korrekt sind und dass diese Bescheinigung überhaupt vorliegt.

Der gesamte Vorgang wird als „sonstiger Verwaltungsakt“ bezeichnet. Die Antragstellung unterliegt allerdings bestimmten Formalien, die aus § 50 d des Einkommenssteuergesetzes bekannt sind, die Entscheidung wird unter Vorbehalt des Widerrufs gestellt. Teilweise sind mit der Entscheidung Auflagen oder verschiedene Bedingungen verbunden, die eingehalten werden müssen. Der Freistellungsbescheid gilt für eine Dauer von höchstens drei Jahren.

Der § 50 d kennt in Absatz 5 auch das Kontrollmeldeverfahren und verzeichnet entsprechende Einträge für die Gesellschaften des jeweiligen Mitgliedstaats. Das Kontrollmeldeverfahren gilt als vereinfachtes Verfahren, wobei der Vergütungsschuldner die Initiative ergreifen und aktiv werden muss. Das Verfahren ist jedoch nur anwendbar, wenn die steuerliche Bedeutung im vorliegenden Fall gering ist, was gern als Nachteil gesehen wird. Als solche geringen Fällen werden Einzelzahlungen bis 5.500 Euro pro Leistung gesehen, auch jährliche Zahlungen in Gesamthöhe von bis zu 40.000 Euro fallen in diesen Bereich.

Forderungen gegen Missbrauch

Wie bereits angesprochen, finden die verschiedenen Unternehmen immer wieder Mittel und Wege, um die Richtlinien zu umgehen oder die entsprechenden Einträge zu ihren Gunsten auszulegen. Die EU-Kommission hat daher Änderungsvorschläge unterbreitet, in denen es den Mitgliedsstaaten nicht mehr erlaubt sein soll, künstliche Ausgestaltungen der Gesetzestexte zu nutzen. Der Richtlinientext soll derartige Gestaltungen verhindern und sieht eine Besteuerung nach der wirklichen wirtschaftlichen Substanz des Unternehmens vor.

Des Weiteren werden damit Gestaltungen sogenannter Hybridanleihen verhindert. Die EU-Kommission sieht darin einen Weg, Qualifikationskonflikte zu vermeiden und damit zu verhindern, dass Erträge gar nicht mehr besteuert werden und in jedem Mitgliedsstaat als weiße Erträge gelten. Liegt aber ein vergleichbarer Sachverhalt im Inland vor, müssten die Erträge versteuert werden. Sofern ein solcher Fall eintritt, darf das Unternehmen nicht gänzlich um die Besteuerung herumkommen. Diese Forderungen greifen nach Ansicht von Experten aber zu weit, daher sind sie immer noch umstritten.


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